Wie man sich bettet, so liegt man
Burkhard Pollak • 14. August 2020
Die alte Volksweisheit hat der eine oder andere sicherlich schon mal gehört. Der Titel passt so zu zwei kleinen Geschichten, die zeigen, wie eng wir oft denken und uns damit selbst im Weg stehen.
Mit meiner Exfrau hatte ich die Bettseiten gewählt und ich habe am Fenster geschlafen. Steht man vor dem Bett ist das die linke Seite. Irgendwann hat meine Mutter bemerkt, dass das wohl die falsche Aufteilung ist, dass der Mann – vor dem Bett stehend – auf der linken und die Frau auf der rechten Seite zu schlafen hätte. So wie sie es gewöhnt ist. Ich sagte: „Wieso das denn? Erinnere dich doch mal, wie das bei deinen Eltern war.“ Die hatten nämlich auch die Verteilung rechts der Mann und links die Frau. Ein sehr schönes Beispiel, wie man seine Gewohnheiten verallgemeinert und auf andere überträgt. Wichtig jedoch ist, was einem am besten zusagt und womit Frau und Mann sich gut fühlen.
Die zweite Geschichte trug sich in einem Baumhaushotel zu. Wir hatten uns dort eingebucht und bezogen am späten Nachmittag das Baumhaus. Die Sonne schien wunderbar durch das Fenster. Da das Kopfteil des Betts im Schatten lag, habe ich mich verkehrt rum ins Bett gelegt, um die Frühjahrssonne in meinem Gesicht spüren zu können. Als Heike in den Raum kam, war sie völlig überrascht und fragte: „Warum liegst du falsch rum im Bett?“ Die Antwort war einfach: „Damit ich die Sonne im Gesicht genießen kann.“ Eine ganz neue Option, das Bett zum Sonnen in unkonventionell zu nutzen.
Die beiden Geschichten zeigen, wie „richtig“ und „falsch“ oder allgemein Bewertungen immer von der eigenen Perspektive abhängen. Das Unerwartete wird allzu oft als „falsch“ oder „negativ“ bewertet, ohne Motivation oder sogar Nutzen zu hinterfragen. Es ist doch einem Paar überlassen, wie sie die Bettseiten aufteilen und man kann sich auch mal in der entgegengesetzten Richtung ins Bett legen, aus welchen Anlass auch immer. So etwas eröffnet wieder neue Möglichkeiten und Sichtweisen. Im Übrigen liege ich auch heute wieder am Fenster – allerdings auf der linken Seite des Betts.